18.05.2016
Eine Chance für Herrn Petersen

Günter Arndt (links) und Lara Krause (rechts) sind nach der Berufsbildungsmaßnahme im Kaufhaus Ran&gut! geblieben. Ihr Kollege Björn Petersen (Mitte) absolviert die berufliche Qualifikation seit September im Kaufhaus.
Berufliche Qualifizierung für Menschen mit Behinderung
Kisdorf, 17. Mai 2016: Die Arbeit macht ihm sichtlich Spaß: Björn Petersen arbeitet gern an der Kasse, räumt CDs und Bücher in die Verkaufsregale ein oder hilft den Kunden weiter. Der 18-Jährige ist der dritte junge Erwachsene mit Behinderung, der im Kaufhaus Ran&gut der Stiftung Das Rauhe Haus in Kisdorf eine Berufsqualifizierung absolviert. Die Maßnahme ist eine Alternative zur Beschäftigung in den bekannten Werkstätten und bietet Menschen mit Behinderung neue Perspektiven.
Björn Petersen arbeitet seit einem halben Jahr im Kaufhaus. Er hat viele Aufgaben hier, vor allem in der Möbelhalle. „Am meisten Spaß macht mir die Arbeit an der Kasse“, verrät er. Auch der direkte Umgang mit den Kunden liegt ihm sehr, offen und freundlich geht er auf alle Besucher zu. „Auf Björn kann man sich wirklich verlassen“, lobt Juliane Geuke, Teamleiterin der Beschäftigungsangebote von der Behindertenhilfe Nord der Stiftung Das Rauhe Haus, den „Azubi“. „Er ist sehr verantwortungsbewusst und gewissenhaft. Wir sind sehr froh, dass er uns hier unterstützt.“
Kaufhaus statt Werkstatt
„Eine gesetzliche Regelung sieht vor, dass Menschen mit Behinderung nach ihrer Schulzeit eine zweijährige Berufsbildungsphase absolvieren“, erklärt Juliane Geuke. Während dieser Zeit soll herausgefunden werden, für welche Berufe sich der Jugendliche eignet und wo seine Stärken, Talente und Interessen liegen. In der Vergangenheit waren diese berufsbildenden Maßnahmen ausschließlich in Werkstätten möglich. „Das Kaufhaus Ran&gut und unsere anderen Arbeitsprojekte, unter anderem in der Großküche und Gartenbereich, bieten mit ihren vielfältigen Beschäftigungs- und Bildungsmöglichkeiten die Rahmenbedingungen für eine Berufsbildungsmaßnahme“, so Juliane Geuke. „Seit einem knappen Jahr ist der Arbeitsbereich der Behindertenhilfe offiziell zertifiziert, das heißt wir dürfen berufsbildende Maßnahmen für Menschen mit Behinderung durchführen.“ Viele Lehrer und Eltern wüssten noch gar nicht von dieser Möglichkeit der Berufsqualifizierung, ist die Diplom-Pädagogin überzeugt.
Arbeitspraktische Erfahrungen sammeln
Das Besondere an dieser Art der Qualifizierung ist die Arbeit in einem arbeitsmarktähnlichen Umfeld. Das bedeutet, dass die Menschen mit Behinderung Seite an Seite mit Menschen ohne Behinderung und mit direktem Kontakt zu Kunden arbeiten. Und das nicht nur im jeweiligen Arbeitsprojekt. Die jungen Menschen absolvieren auch Praktika bei anderen Betrieben, um weitere Einblicke in die Arbeitswelt zu bekommen. Auch Björn Petersen hat schon Ideen, was er sich noch anschauen möchte. „Ich mag gern Tiere, die im Wald leben“, erzählt der junge Erwachsene. „Deshalb möchte ich gern mal im Wald oder im Gartenbereich arbeiten.“ Außerdem hat er sich für ein Praktikum bei einem Schlüsseldienst beworben.
Arbeit und Bildung
Neben der praktischen Arbeit geht es auch um Weiterbildung und Alltagslernen. Mathekurse, Sport- und Bewegungsangebote, Kochen gesunder Mahlzeiten, Betriebsbesichtigungen und Computerkurse stehen auf dem Programm. „Wir arbeiten eng mit einigen Kooperationspartnern in der näheren Umgebung zusammen“, erzählt Juliane Geuke. Dabei freut sich das Kaufhaus immer über neue Kontakte und Ideen von engagierten Unternehmen oder Vereinen.
Björn Petersen ist bereits der Dritte, der die Berufsbildungsmaßnahme im Rauhen Haus im Raum Kaltenkirchen durchläuft. Die anderen beiden sind nach den zwei Jahren im Kaufhaus geblieben. Nun sind alle gespannt, wie sich Björn Petersen entscheiden wird. Doch der bleibt gelassen, denn er hat ja noch gut eineinhalb Jahre vor sich. „Ich komme jeden Tag gern ins Kaufhaus, hier ist immer etwas los“, sagt der junge Mann und geht wieder in die große Möbelhalle. Die Arbeit ruft!